Zahlen, Daten und Fakten - Digitaler Staat 2024

267 Referenten

32 Foren & 10 Side-Events

201 Kongresspartner

64 Programmpunkte

2.000 Teilnehmer

Rückblick: Digitaler Staat 2024

Richter: Föderalismus neu denken

In seiner Keynote auf dem Digitalen Staat 2024 plädierte der CIO der Bundesregierung, Dr. Markus Richter, für mehr Zentralisierung und Konsolidierung. Es brauche eine gemeinsame IT-Infrastruktur. Das EfA-Prinzip soll auf mehr Bereiche ausgeweitet werden. Außerdem will der Staatssekretär die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene stärken.

„Meine Wahrnehmung ist: Der Bund hat seine Hausaufgaben gemacht“, sagte Richter in Bezug auf die Umsetzung der OZG-Verpflichtungen. Alle wesentlichen großen Bundes-Verwaltungsleistungen seien heute digital, in der Regel Ende-zu-Ende, und: „Die Qualität kann sich sehen lassen.“ Trotzdem bekannte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), am Anfang der Digitalisierung zu stehen: „Jetzt geht es erst richtig los.“

Auch Künstliche Intelligenz (KI) stecke bereits in der Bundesverwaltung. Ein neuer interner KI-Marktplatz soll zu mehr Übersichtlichkeit verhelfen. Der „ganz große Durchbruch“ sei allerdings noch nicht erreicht. Einerseits müssten die KI-Technologien dort ankommen, wo die Bedarfe stecken – in den Fachbereichen, betonte der CIO Bund. Noch würden die Technologien zu sehr in die IT „wegdelegiert“. Richter wünscht sich eine Transformation auf die konkreten Use Cases und gab zu: „Da sind wir noch ein Stück weit von entfernt.“

Harter Prozess der Konsolidierung

Andererseits brauche es eine gemeinsame Infrastruktur, und zwar nicht nur bei KI-Anwendungen. Ganz grundsätzlich findet der IT-Beauftragte der Bundesregierung: „Wir müssen davon wegkommen, dass wir einzelne Betriebe von Rechenzentren in einzelnen Kommunen haben.“ Die Zukunft liege in der Cloud – privat sowie öffentlich. Der Wechsel dorthin führe über einen „harten Prozess der Konsolidierung“, der aktuell laufe und zu welchem Richter sich klar bekannte: „Wir werden in jeden Winkel kommen.“
Das Prinzip Einer-für-Alle (EfA) möchte der Staatssekretär auf alle „Lebensbereiche der IT“ übertragen: Finanzierung, Rechtsrahmen, IT-Sicherheit. Dazu werde der IT-Planungsrat nächste Woche sprechen. In Bezug auf die Souveränität will Richter die „Freiheit der Auswahl“ bewahren. Eine gänzliche Freiheit von Abhängigkeiten hält er aber nicht für realistisch. Schließlich gebe es diese immer, sobald vertragliche Bindungen eingegangen werden, merkte der Jurist an.
Zum OZG 2.0 kommentierte Richter: „Das Gesetz lässt keine Schleife aus.“ Wer den Vermittlungsausschuss anrufe, solle erklären, welche Regelungen die eigene Arbeit erleichtern würden, bat er. Den Rechtsanspruch bezeichnete Richter als „großen Mindshift“, der Druck erzeugt. Er sprach sich für eine Erweiterung des Anspruchs auf Länder- und kommunale Leistungen aus. Bislang ist er nur für Leistungen der Bundesverwaltung geplant.

Fokus auf EU Wallet

Auch auf elektronische Identitäten kam der Bundes-CIO zu sprechen. Die vor kurzem beschlossene EU-Wallet (Behörden Spiegel berichtete) sei ein „absolutes Fokusthema“ für dieses Jahr. So früh wie möglich soll diese in Deutschland integriert werden. Richter setzt sich weiterhin derzeit für eine Art „IT-Planungsrat auf europäischer Ebene“ ein. Viele EU-Mitgliedsstaaten hätten sich zu diesem Vorschlag bereits positiv positioniert. Im Mai werde es mit der Ratspräsidentschaft Belgien einen Austausch zu dem Thema geben.

Dr. Markus Richter, CIO Bund. Foto: BS/Bildschön

Offene Fehlerkultur und Mut für mehr digitale Kompetenzen

Der Weg zu einer digitalen Verwaltung sei ein Langstreckenlauf, bekräftigte Moderatorin Christina Lang in der Abschlussdiskussionsrunde am ersten Kongresstag auf dem Digitalen Staat. Vier Diskussionsteilnehmer aus Politik, Verwaltung und Privatwirtschaft waren geladen, um dem Thema „Digitale Kompetenzen“ auf den Grund zu gehen.
Doch wie gelingt der Aufbau von digitalen Kompetenzen bei den Behördenmitarbeitenden? „Wir müssen in der Verwaltung nicht nur IT-Kompetenzen schulen, sondern alle Kompetenzen, die die Digitalisierung in Gang bringen“, gab Dr. Alexander Bode, Vorstand des KommunalCampus, zu bedenken. Um Veränderungen vorzunehmen, sei Transparenz wichtig – ebenso wie Mut. „Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein: Was müssen wir können und was nicht?“
Arne Schönbohm von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung wies indes darauf hin: Es herrsche eine hohe intrinsische Motivation unter den Verwaltungsmitarbeitenden, die Digitalisierung voranzutreiben – genau hier müsse man ansetzen. An einem ähnlichen Punkt setzte Stefan Seltmann, Executive Director Public bei IBM iX, an: „Die Menschen in der Verwaltung sollten stärker dazu befähigt werden, selbst zu entscheiden.“ Das Personal in den Behörden sei eben nicht nur Empfänger von Befehlen.
Auf dem Weg hin zur digitalen Kompetenz müsse sich aber auch das Bild in der Öffentlichkeit wandeln, gab Staatssekretärin Martina Klement (CSU) dem Publikum mit auf den Weg. Verwaltung solle sich selbst bewerben und positiv über die eigene Arbeit sprechen. Denn: „Eine offene Fehler- und Mutkultur kostet nichts.“

Die Chief Digital Officer (CDO) des Landes Berlin, Martina Klement, betonte die Bedeutung einer offenen Fehlerkultur. Foto: BS/Bildschön

Pfleger: Innovation durch Registermodernisierung

Ein Kernthema der Verwaltungsdigitalisierung war auf dem Digitalen Staat 2024 in gleich zwei Fachforen vertreten: die Registermodernisierung. Michael Pfleger, Gesamtprogrammleiter
Registermodernisierung bei der Föderalen IT-Kooperation (FITKO), fasste die drängenden Fragen zusammen: „Welche Daten haben wir, wo sind sie und wie kann ich auf sie zugreifen?“
Pfleger verwies auf ein grundsätzliches Verständnis der Registermodernisierung:
„Innovation passiert nicht in der Registermodernisierung, sondern durch die Registermodernisierung.“ Sie schaffe also die Basis, auf der die Fachlichkeit aufsetzen müsse. Um Verwaltungsprozesse zu beschleunigen, müsse man den Austausch großer Datensätze verschlanken und „auf das einzelne Datenfeld gehen.“ Pfleger verdeutlichte, wie die komplexen technologischen und rechtlichen Prozesse der Registermodernisierung grundsätzliche Fragen aufwerfen:
„Was bedeutet eigentlich Dezentralität in der Datenhaltung?“ Sei mit dezentral physisch gemeint, also im selben Rechenzentrum? Oder werde logisch dezentriert und Daten fachlich gebündelt?
Pfleger gab zu bedenken, dass man „die Dezentralität nicht der Performance opfern“ solle, über zentrale Datenbanken aber natürlich nachdenken müsse. Dass derartige Grundsatzentscheidungen mit sich verändernder Rechtslage einhergehen, liegt auf der Hand. Wartet die Registermodernisierung auf die Rechtsprechung oder umgekehrt? Für Pfleger geht beides Hand in Hand: „Die Registermodernisierung muss sich ihre eigene Rechtsgrundlage schaffen.“
Um diese zu ermöglichen, brauche es zudem eine einfachere Sprache als bisher. Deren Mehrwert könnte sein, dass Bürgerinnen und Bürger die Prozesse und vor allem die konkreten Ziele besser verstehen.

Michael Pfleger, Gesamtprojektleiter Registermodernisierung (FITKO) Foto: BS/Brecht

Intelligenter Assistent

Um mit den Ressourcen der Kommunen auch zukünftig alle notwendigen Verwaltungsleistungen abdecken zu können, hoffen viele auf Unterstützung durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI). Von Chatbots für die Bürgerkommunikation bis hin zu Entscheidungsempfehlungen durch intelligente Systeme – die Möglichkeiten und Projekte sind vielfältig.
Zudem ist die gesellschaftliche Nutzungsbereitschaft hoch. Empfehlungen auf Streaming-Plattformen und in Online-Shops, Sprachassistenten und Co. gehören längst zum Alltag. Solche so genannte schwache KI werde von Tag zu Tag besser, erklärt Prof. Dr. Katarina Adam, Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Und die Menschen in Deutschland seien bei weitem nicht so technikscheu, wie es in den Medien dargestellt würde. Adam plädiert für mehr Mut Dinge auszuprobieren, auch wenn am Ende nicht jede Idee zünde.
Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beschäftigt man sich schon seit 2017 mit möglichen Anwendungen der KI. Man wolle unter anderem den Asylprozess beschleunigen und Dashboards entwickeln, die einen effizienten Entscheidungsprozess unterstützen, so Dr. Thomas Proisl, Referent für Künstliche Intelligenz und Business Intelligence.
Das BAMF hat ein Assistenzsystem für Sicherheitsmeldungen (ASS) entwickelt, das in den bei Anhörungen von Antragstellern erstellten Protokollen, sicherheitsrelevante Sachverhalte identifiziert. Diese Vorschläge werden anschließend von sachkundigen Entscheiderinnen und Entscheidern validiert bzw. revidiert, anschließend noch einmal im dafür zuständigen Sicherheitsbereich geprüft und anschließend an die Sicherheitsbehörden gemeldet. Dabei arbeitet das ASS mit einer linguistischen Voranalyse. Das zugrundeliegende Wörterbuch kann vom Fachbereich erweitert und aktualisiert werden.
Da die Trainingsdaten für das ASS mit jeder bewerteten Empfehlung verbessert werden, nimmt der Anteil korrekt identifizierter Inhalte stetig zu. Doch Johannes Wenisch, Referatsleitung Künstliche Intelligenz und Business Intelligence im BAMF, warnt auch, dass so das Risiko bestehe, dass die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter dem System blind vertrauen. Es sei deshalb besser, das System identifiziere zu viele „falsche“ Vorschläge, damit das Bewusstsein bleibt, dass die letztendliche Entscheidung persönlich zu treffen ist.

Dr. Frank Pelzel, Dr. Barbara Hofmann, Johannes Wenisch, Dr. Thomas Proisl erörterten im Fachforum die Chancen aber auch die Grenzen des KI-Einsatzes. Foto: BS/Bildschön

Wilken: Von anderen Staaten lernen

Das Bundesverwaltungsamt wird ab April neu geführt. Die Ziele der Bundesbehörde aber bleiben gleich: Von anderen Staaten lernen, Behördenanliegen auf digitalem Wege klären und die internen Prozesse modernisieren.
Noch ist Katja Wilken die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsamtes (BVA), aber in wenigen Wochen tritt die Juristin die Nachfolge von Christoph Verenkotte an. Verenkotte geht nach 14 Jahren in den Ruhestand und damit wird Wilken die erste Frau an der Spitze der Bundesoberbehörde.
Aktuell fungiert das BVA als Umsetzungsbehörde für die Registermodernisierung und möchte nicht nur in der Öffentlichkeit als digitale Behörde wahrgenommen werden: „Unsere Kunden erleben uns viel im digitalen Raum, aber unsere internen Prozesse sind noch weitestgehend analog gestaltet und das möchten wir ändern“, erklärte Wilken auf dem Digitalen Staat in Berlin. Einige Verfahren, wie beispielsweise die Staatsangehörigkeitsanträge seien weiter nur physisch möglich.
Andere Staaten in Europa, wie beispielsweise die Ukraine, seien in solchen Angelegenheiten schon weiter: „Die Register der Behördendaten liegen in der Ukraine in dezentralen Speichern, ein Back Up existiert in Estland“. Daher werde die Ukraine – im Gegensatz zu Deutschland – als digitaler Staat wahrgenommen, formulierte die Juristin.
Wilken möchte als Präsidentin die klassischen Digitalisierungsvorhaben der Bundesverwaltung vorantreiben. Dazu zählen eine hohe Standardisierung von Prozessen, eine Ende-zu-Ende Digitalisierung zur Entlastung von Kunden und Infrastruktur, die Nutzung von Künstlicher Intelligenz auf Basis eines klaren Datenmanagements und der Lastausgleich von Bearbeitungsprozessen. Für letztere soll eine gezieltere Kooperation mit anderen Behörden angestrebt werden.
Schließlich möchte Wilken auch die Arbeit ihrer eigenen Mitarbeitenden verbessern: „Ich möchte als Präsidentin ab April die gute Arbeits- und Führungskultur erhalten und optimieren, die unser derzeitiger Präsident erfolgreich etabliert hat“, resümierte die zukünftige Präsidentin des BVA.

Die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsamtes (BVA), Katja Wilken, übernimmt im April die Leitung der Behörde. Foto: BS/Bildschön

KONGRESSPARTNER 2024

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Teilnehmerstruktur

  • 63% öffentliche Verwaltung
    • 32% Kommune
    • 30% Länder
    • 38% Bund
  • 29% Wirtschaft
  • 8% Wissenschaft/Studenten

Veranstaltungsort

Vienna House Andel’s Berlin
Landsberger Allee 106
10369 Berlin